Kennen Sie Situationen aus Bewerbungsgesprächen, wo Sie mit konkreten Fragen und Fallbeispielen konfrontiert wurden? Zuerst ein paar einleitende Sätze aus dem vorigen Job und den Lösungen dort, dann ein wenig Theorie aus dem Studium und schließlich noch einen groben Projektplan, wie man die besagte Aufgabe heute lösen würde, gefolgt von einem kleinen schriftlichen Konzept, das man abgibt. Wenn wir schon dabei sind, könnte der Bewerber das Konzept auch gleich dalassen oder per Mail senden, damit die Qualität geprüft werden kann.
Ins Zeug legen für den neuen Job
Als Bewerber will man sich von seiner Besten Seite zeigen, sich von der Masse abheben und nicht oberflächlich-ausweichend wirken. Das inhaltslose Bull****Bingo will man den Mitbewerbern überlassen. Da man hofft die Stelle zu bekommen, legt man sich besonders ins Zeug. Letztendlich ist es quasi eine Vorausleistung, ein Verkaufsinvest, der den eigenen Preis erhöht und einem später zugute kommt.
Der Bewerber hat die imaginäre Karotte vor der Nase. Es werden auf diese Weise durch vermeintliche Arbeitgeber Strategien aus dem Bewerbermarkt oder gar vom direkten Mitbewerb einverleibt, ohne dafür zu Zahlen oder gar Dankbarkeit zu zeigen.
Erhält der Bewerber aufgrund seiner qualifizierten Antworten, hohen Motivation und Fleiß die besagte Position, hat er sicherlich alles richtig gemacht. Er hat sich als lösungsorientierter Mitarbeiter in spe positioniert und dafür ein gutes Angebot erhalten.
Bewerbungsgespräch ist gleich Akquise
Ähnlich wird die Bewertung der Lage im Falle eines Selbständigen ausfallen. Hierbei ist der Verkaufsprozess, um die Projektzusage zu bekommen, noch klarer. Natürlich muss der Bewerber investieren, sozusagen Sales- und Presales-Aufwände auf sich nehmen und teil weise sein Wissen vor ab preisgeben.
Doch wie verhält es sich, wenn es nach detaillierten Interviews zu keiner (meist finanziellen) Einigung kommt? Wem gehört das geistige Eigentum aus dem Bewerbungsprozess?
Bewerber bekommen schon mal ein mulmiges Gefühl, wenn hochdotierte Manager- oder Expertenpositionen bei Firmen schon sehr lange oder immer wieder neu ausgeschrieben stehen. Trotzdem erhalten qualifizierte Bewerber nach detaillierten Interviews und Assessment Center kontinuierlich Absagen. Könnte sogar eine Systematik in der Sondierung des Marktes und der Bewerber dahinter liegen, ohne echte Einstellungspläne? A la Windowshopping ohne Kaufabsicht?
Aus Unternehmenssicht lässt sich genauso gut die Gegenfrage stellen:
Wie soll ich als Entscheidungsträger den richtigen Bewerber identifizieren, wenn wir uns nur oberflächlich über essentielle Themen unterhalten? Wie kann ich seinen Denk- und Arbeitsstil aus dem rein theoretischen Lösungsansatz herauslesen. Die „no-na-Lösungs-Zutaten“ wie
.) den Dialog suchen
.) Projektplan aufstellen
.) Transparenz schaffen
.) alle Beteiligten ins Boot holen
lösen auf dieser oberflächlichen Ebene wahrscheinlich jedes Problem auf der Welt.
Geistiges Eigentum als freiwilliges Investment
Vermutlich liegt auch hier wieder die Wahrheit in der goldenen Mitte.
Jeder Bewerber muss in seinem Bewerbungsprozess für sich entscheiden wieviel Aufwand ihm der potenzielle Job Wert ist. Es muss ihm klar sein, dass es sich um ein freiwilliges Investment handelt, das möglicherweise nicht von der interviewenden Firma honoriert wird. Zum Trost war es womöglch nur eine gute Übung oder eine Lernmöglichkeit, sofern der Auftraggeber konstruktives Feedback gibt.
Branden Sie Ihr Know how!
Bitter wird die Angelegenheit, wenn der Auftraggeber das Wissen behält, dem Urheber eine Absage erteilt und die Umsetzung durch eine günstigere Arbeitskraft durchführen lässt.
Von dieser Variante ist natürlich nicht nur aus moralischer Sicht, sondern auch geschäftlich abzuraten.
Der Bewerber kann natürlich seine Inhalte professioneller Weise schützen, indem er sein geistiges Eigentum brandet, formell veröffentlicht (zum Beispiel in Büchern und Fachzeitschriften) und vor der Übergabe eine schriftliche Vereinbarung aufsetzt.
Am Ende des Tages wird das Bewerbungsgespräch als geschäftliche Anbahnung den Grundstein einer möglichen Zusammenarbeit darstellen. Wie in jeder menschlichen Interaktion wird der Erfolg nur durch ein gewisses Maß an Vertrauen und Integrität Zustande kommen.